1. Die unsichtbare Wirkung der Hippotherapie
2. Die spezielle Wirkung der Hippotherapie

1. Die unsichtbare Wirkung der Hippotherapie

 

Liebe Eltern sicher haben Sie sich schon die Frage gestellt: „ was passiert mit meinem Kind dort auf dem Pferd, ich sehe gar nichts“. Ich möchte Ihnen hiermit diese Frage beantworten. 

 

Das Kind sitzt im Spreizsitz auf dem Pferd. Die Vorwärtsbewegungen des Pferdes im Schritt übertragen Schwingungsimpulse auf das Kind, das nun mit Bewegung reagieren muss. Diese reaktiven Bewegungsantworten sind für den Beobachter kaum sichtbar.

Durch die Vor- und Zurückbewegung  des Beckens kommt es zur Beugung und Streckung der Hüftgelenke. Die Schwingungsimpulse werden über die Hoch- Tiefbewegung über die Wirbelsäule, die die Bewegung möglichst in Aufrichtung widerlagert und stabilisiert, weitergeleitet. Eine Seit-zu-Seit-Bewegung des Beckens bewirkt eine wechselseitige Abduktion und Adduktion (Abspreizung und Heranführung) in den Hüftgelenken. Durch die gleichzeitige Vorwärtsbewegung werden Becken und Hüften im Wechsel re/li vorgeschoben, es resultieren Rotationen. In den Hüftgelenken mit Außen-/Innenrotationsbewegungen und in der Lendenwirbelsäule mit Rotationsbewegungen um die Körperlängsachse.

 

Die Bewegungsstimuli vom Pferd über die Mittelpositur des Patienten bewirken gangtypische Rumpfbewegungen. In praxi bedeutet dieses physiologische Rumpftraining = laufen ohne Beine, das Pferd läuft für den Patienten. Wirbelsäulenfunktion, Hals/Kopfbewegungen, Schultergürtel/Armfunktionen und Atemvorgang werden über den physiologisch bewegten Rumpf entwickelt bzw. verbessert. Die gangtypische Rumpfbewegung über Becken/Hüftgelenke und Hängeaktivität der Beine bewirkt eine Verbesserung der Gehfähigkeit. Schultergürtel und Arme werden in die Bewegung mitgenommen, das Aufrichten der Brustwirbelsäule bewirkt eine Anhebung des Brustbeins, wodurch eine tiefe Atmung resultiert. Es wird also eine funktionelle neuromuskuläre Stimulation „Gehen“ übertragen, eine einzigartige Gangschule induziert.

 

Die Hippotherapie darf jedoch nicht nur auf Bewegung lernen und verbessern eingeschränkte werden. Hippotherapie ist immer Ganzbehandlung. Bekanntlich sind Bewegungsprobleme vor allem bei Kindern häufig mit Wahrnehmungsdefiziten, psychischer Beeinträchtigung und gestörter mentaler Entwicklung gekoppelt, die sich durch Bewegungstherapie verbessern lassen. Wahrnehmung und Bewegung  bedingen einander – Sensomotorik ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Entwicklung kognitiver und geistiger Fähigkeiten. Alle Sinnessysteme lassen sich mit dem Pferd erreichen.

–Siehe Anhang Wirkung-

 

Aufgrund dieser Kurzbeschreibung sollte verständlich geworden sein, dass es bei der Hippotherapie nicht auf ein umfangreiches Bewegungsangebot evtl. noch verbunden mit Kleingeräten ankommt, sondern viel mehr auf das Sich-bewegen-lassen durch das Pferd. Sicher wird die ein oder andere Positionsänderung und Stellung der Arme etwas Abwechslung hinein bringen und auch die Motivation des Kindes fördern, aber es sei nochmals erwähnt, das ein „turnen“ auf dem Pferd nicht den Inhalten der Hippotherapie entspricht.

 

2. Die spezielle Wirkung der Hippotherapie

 

Tonusregilierung

Die Bewegungsstimulation durch die vieldimentionalen Schwingungsimpulse im Rhythmus der Pferdebewegung wirkt sich auf den Tonus der Muskulatur aus: vermehrte Spannung (Spastik) wird vermindert bis normalisiert; verminderte Spannung (Hypotonie) lässt sich tonisieren.

 

Mundmotorik

Über Tonusregulierung im Mundbereich werden Mundschluss und Schlucken des Speichels ermöglicht, Laut- und Stimmbildung lassen sich entwickeln.

 

Gleichgewicht

Das permanente Halten des Gleichgewichts in der Vorwärtsbewegung schult die Reaktionsfähigkeit und die Koordination lassen sich entwickeln.

 

Symmetrie

Über den rhythmischen Wechsel von Rechts-Linksbewegungsimpulse überträgt das Pferd symmetrische Bewegungen. Dies ist wesentlicher Therapiefaktor für den Aufbau von Symmetrie bei den fast immer seitenbetonten neurologischen Bewegungsstörungen.

 

Mobilisation von Gelenken

Das therapeutische rhythmische Bewegen von Gelenken unter Regulierung des Muskeltonus führt zu Mobilisation und Zentrierung funktionell eingeschränkter Gelenke.

 

Körperwahrnehmung

Über die Ganzkörperbewegung des Patienten und der permanenten Stimmulation der Gleichgewichtsorgane wird senomotorisches Lernen angebahnt. Die Reaktion auf Sinnesreize (einschließlich Sehen, Hören, riechen, Tasten) erweitern Wahrnehmung und Körperbewusstsein.

 

Raumlagebewußtsein

Die Vermittlung symmetrischer Bewegungen fördern die Integration beider Körperhälften die Rechts-Linkswahrnehmung. Bewegungsängste im Raum werden abgebaut.

 

Tiefensensibilität

Über Druck und Gegendruck des rhythmisch bewegten Körpers wird die Wahrnehmung und über das Bewegen und Muskeln und Gelenken die Tiefensensibilität gefördert.

 

  

Bei der Aufstellung der Wirkungen sollen auch die psychomotirische Wirkungen, wie Körpervertrauen, Persönlichkeitsentwicklung, Beziehungsfägkeit, Selbstbewusstsein u.v.m nur am Rande erwähnt werden.