Elternbriefe

Jonas, geb. 1994

…… leidet seit dem vierten Monat an Epilepsie und ist nicht durch Medikamente einzustellen. Jonas wurde durch seine Erkrankung im Laufe der Jahre schwer geistig behindert. Er kann nicht sprechen und versteht den Inhalt von gesprochener Sprache nicht. Das macht Erziehung schwer, zumal Jonas nicht einmal den Unterschied zwischen Ja und Nein versteht. Er nahm viele Jahre an sein Umwelt kaum teil, nichts interessierte ihn wirklich.

Als Jonas in die Schule kam und ein Teil der dort angebotenen Therapien die Hippotherapie war, wusste ich nur: da reiten alle abwechselnd im Kreis herum. Nach einem Jahr endete die Therapie in der Schule. Uns wurde angeraten Jonas weiterhin bei Frau Meschkat reiten zu lassen. Sie hätte einen guten Kontakt miteinander aufgebaut und sein extrem unruhiges Verhalten, sowie seine Schreiattacken während des Reitens gut beeinflusst. Ebenso würde Frau Meschkat mit dem Anbahnen des „nein“ beginnen. Ich war damals gespannt und empfand für mich selbst die erste Hippotherapie Einheit als sehr eindrucksvoll. Ich bemerkte, dass Jonas sehr interessiert dem Pferd zusah, was damals sehr selten war. Er freute sich auf dem Pferd zu sitzen und wirkte damals wie heute sehr erhaben wenn er auf dem Pferd zu reiten begann.

Bei jeder extremen Schreiphase blieb Frau Meschkat mit dem Pferd stehen und stellte so eine Verbindung zwischen dem „stehen bleiben“ und dem „nein Jonas“ her. Das Pferd ging erst dann weiter, sobald sich Jonas beruhigte. Diese klare eindeutige Art und Weise von Frau Meschkat übernahmen wir auch für uns zu hause. Ich war damals sehr berührt von der Freude Jonas, die er plötzlich eindeutig zeigte und der Ruhe, die das Pferd in den 20 Minuten auch auf mich ausübte.

Nun nimmt Jonas schon über zwei Jahre an der Hippotherapie teil und folgendes ist über die vergangene Zeit zu berichten:

  • die Freude von Jonas steigt, wenn er den Reitstall sieht und besonders das Pferd
  • seine Unruhephasen wurden kürzen und in ruhigere Phasen umgewandelt
  • meist in Jonas ganz entspannt am Ende der Therapie und kann für den restlichen Tag koordinierter laufen
  • Jonas versteht nun auch im Alltag zwar inkonsequent, aber immerhin an einigen Tagen ganz deutlich ein „nein“
  • er hat sein Interesse auch auf andere Tiere ausgeweitet und schaut so anderen Pferden, Hunden und Katzen nach
  • Jonas traut sich langsam das Pferd anzufassen, was durch seine Sensibilitätsstörung in den Händen früher kaum möglich war
  • was insgesamt für mich sehr wichtig ist, zu sehen wie Jonas voller Freude reitet, sich scheinbar ganz besonders empfindet und so etwas wie Selbstbewusstsein in sein Leben getreten ist
  • da er durch die Medikamente zu Verstopfung neigt, habe ich auch das Phänomen beobachten können, dass bei regelmäßigem Reiten die Verstopfung nachließ und sobald eine Therapiepause entsteht, diese wieder einsetzte
  • ich habe das Gefühl und bin mir ziemlich sicher, in der Hippotherapie genau das für Jonas gefunden zu haben was er braucht und ihm hilft. Es gibt keine Erwartungshaltung und so auch keinen Therapiefrust.
  • es ist wunderbar für mich als Mutter meinen Sohn glücklich zu sehen. Auf dem Pferd sieht es aus wie jedes andere Kind.
Eigentlich kann man die Wirkung gar nicht so richtig in Worte fassen. Wenn ich den ruhigen, gleich bleibenden Bewegungen des Pferdes zuschaut, dem Rhythmus, der auf Jonas über geht, die Ruhe und Harmonie, spüre ich immer wieder an mir selbst, wie ich ruhiger und entspannt werde. Meine eigene Atmung ruhig und gleichmäßig wird, Gefühle Raum bekommen können und immer wieder Stolz, beim Anblick meines Kindes auf dem Pferd.




Miriam, geb. 2000

M. fing mit 4 1/2 in der Hippotherapie an. Erst 10 Einheiten dann ein Vierteljahr Pause und nun seit April 2005 jede Woche 1 Einheit von 20 min.

M. hatte massive Sprachdefizite, einen niedrigen Muskeltonus am gesamten Körper, eine Störung der Körperwahrnehmung, und brauchte/suchte sehr viele Körperreize für sich. Konnte da auch sehr selten eine Grenze für sich finden. Durch die Reittherapie konnte ich bei meiner Tochter M. Erfolge bzw. eine Weiterentwicklung in ihrer Körperwahrnehmung und dadurch auch im Aufbau und Halten des Muskeltonus am gesamten Körper feststellen. In Bezug auf die Körperwahrnehmung fiel mir auf, dass M. immer nach der Reittherapie nicht auf der sonst üblichen stark fixierten Körperseite abends einschlief, sondern sich auch auf den Rücken oder auf die andere Seite drehte.*

Aufgrund des schlaffen Muskeltonus konnte M. anfangs kaum einen stabilen Muskeltonus aufbauen was z.B. beim Rennen sehr deutlich war. Bei M. schlackerte noch vor gut 6 Monaten beim Rennen Arme, Beine und der Kopf. Inzwischen rennt M. wie jedes andere Kind, was mir als Mutter zu sehen einfach nur Spaß macht und den Erfolg auch zeigt. Durch die Bewegung des Pferdes erfährt M. eine ganzheitliche Körperstimulation.

M. hat ein Sprachdefizit, wodurch sie schon soziale Ausgrenzung erfahren musste, (mit Dir spiele ich nicht, Du sprichst so komisch oder auch durch Bemerkungen der Erwachsenen Du könntest ja sprechen, aber du willst ja nicht). Besonders an den Reittherapie-Tagen ist festzustellen, dass M. wesentlich besser und deutlicher spricht als an den anderen Tagen.

In der Reittherapie erfährt sich M. selber als Persönlichkeit, die etwas schafft, was andere in ihrem Alter noch nicht machen konnten und was auch ihre Eltern noch nicht gemacht haben. Des weiteren erlebt M. die Reittherapie nicht als Therapie in dem Sinne sondern als ihren Sport bzw. als das Zusammenseindürfen mit ihrer großen Leidenschaft den Pferden. Durch das Pferd muss sich M. nicht wie in den anderen Therapien ( Ergotherapie, Logopädie, Frühförderung) nur auf den Therapeuten sondern auch auf das Pferd einstellen.

Es gibt noch einige andere Erfolge die M. während und durch die Reittherapie hatte. Aber das allerwichtigste für mich als Mutter dabei ist, dass ich neben den Therapie-Erfolgen (die sich sicherlich bei jedem Kind anders zeigen) ein glückliches Kind am Therapietag habe.

M. ist inzwischen soweit, dass sie die klassische Hippotherapie verlassen hat, was dank der Zusatzausbildungen von Frau Meschkat möglich war. Sie reitet inzwischen an der Longe, da auch im Trab und Galopp und erhält noch mehr die für sie so wichtigen Reize.

M. genießt es, dass sie das Pferd mal führen, putzen oder bei der Versorgung auch schon mal mithelfen kann. Dies sind dann besondere Highlights für sie. M. spart inzwischen ihr Geld damit sie so zu einer zusätzlichen Einheit kommt. Das Highlight der Woche ist für M. die Reittherapie. Natürlich ist das, was sie dabei für sich selber geschafft hat, oft Gesprächsthema und wird in ihre Rollenspiele eingebaut. Da werden die Kindergartenkinder zu Pferden, daheim die Mutter oder ihr Bruder und die Kommandos gibt sie als Therapeutin entsprechend. Und inzwischen steht nicht nur das Reiten im Vordergrund sondern auch, einfach mal ein Pferd führen zu dürfen und dadurch Verantwortung zu übernehmen wo es ihr möglich ist. Nicht nur für M. sondern für uns alle ist die Reittherapie ein wichtiger Baustein in den Therapien, wodurch- wenn ich besonders die Fortschritte die M. seit April gemacht hat sehe, ohne diese nicht möglich gewesen wären. Das ist meine Meinung als Mutter.

 

Vivien, geb. 2002

 

...ist mit einer sehr seltenen Stoffwechselkrankheit (V.a. Tyrosin Hydroxilasemangel) geboren. Ihr Körper produziert nicht genügend Dopamin, ein Enzym, welches u.a. für die Bewegung und Koordination des menschl. Körpers zuständig ist. Dadurch ist Vivien’s körperliche und geistige Entwicklung erheblich verzögert.

 

Ich sage mal, Vivien hat das Glück in eine Reiterfamilie hineingeboren zu sein. Oma und Mutter sind begeisterte Pferdesportler und Besitzer von Pferden. Da uns deshalb die sog. Hippotherapie und ihre Erfolge nicht fremd waren, war es klar, dass Vivien, sobald sie 3 Jahre alt war (jünger sollten die Kinder nicht sein) auf’s Pferd gesetzt wurde. Da Frau Meschkat auch mir Reitunterricht gab, lag es natürlich nah, sie auch als Therapeutin in Anspruch zu nehmen. Gesagt, getan. Im Frühjahr 2005 ging’s los. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (u.a. Angst vor dem großen Pferd) saß Vivien nach ca. 8 Mal endlich alleine, schon fast entspannt und stolz auf dem Rücken des Pferdes. Mittlerweile (ca.

1 ½ Jahre später) ist Vivien ein „alter Hase“ und traut sich auch schon mal, freihändig auf dem Pferd zu sitzen. Ihr macht es sichtlich Spaß, und sie kann es kaum abwarten, wenn es nach dem Kindergarten direkt zum Pferd geht.

 

Die Erfolge durch die Hippotherapie sind für Vivien auch nachweisbar. Aufgrund des Dopaminmangels fing Vivien erst sehr spät an (mit ca. 2 ½ Jahren) zu krabbeln bzw. sich überhaupt fort zu bewegen. Ans Laufen war gar nicht zu denken aufgrund der mangelnden Körperspannung und dem damit einhergehenden schwachen Muskeltonus. Letzteres hat sich durch die Hippotherapie so verbessert, dass Vivien letzten Sommer (nun war sie 3 ½ und hatte ca. 4 Monate Hippotherapie hinter sich) ihre ersten Schritte an zwei Händen gehalten wagte. Das war wie Weihnachten, Ostern, Geburtstag - alles zusammen! Heute (Sommer 2006), wieder ein Jahr später, läuft sie sicher an einer Hand gehalten. Wir denken, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich traut, es gänzlich alleine zu versuchen. Ich bin überzeugt, dass nebst Vivien’s Ergo- und Schwimmtherapie, die Hippotherapie den größten Anteil am motorischen Erfolg von Vivien hat.

 

Das größte Glück der Erde liegt eben doch auf dem Rücken der Pferde J